Kosten, Zeit und Innovationen: So profitiert die Pharmabranche von der Digitalisierung

Kosten, Zeit und
Innovationen:
So profitiert die
Pharmabranche
von der
Digitalisierung

Alexander Tarlatt

Die Digitalisierung der Pharmabranche ist ein wichtiger Baustein der modernen Medizin. Doch die digitale Transformation ist umfassend und verändert das Gesundheitswesen auch in vielen anderen Bereichen. Erfahren Sie in unserer Themensammlung, wie auch Ihr Unternehmen von der Digitalisierung im Gesundheitswesen profitiert.

Deutschland ist einer der wichtigsten Pharmastandorte weltweit. Mit mehr als 140.000 Angestellten erzielte der Pharmamarkt hierzulande allein im vergangen Jahr einen Umsatz von 49,5 Milliarden Euro. Der Wirtschaftszweig ist geprägt durch beträchtliche Investitionen, zeitintensive Forschung und hohen Innovationsdruck. Zwangsläufig rückt die Frage nach dem Optimierungspotenzial durch Digitalisierung daher immer mehr in den Fokus.

Santiago Advisors hat bereits mehrere führende Healthcare-Unternehmen bei der Realisierung digitaler Initiativen erfolgreich unterstützt, etwa beim Aufbau eines globalen digitalen Innovationsnetzwerks, bei der Einrichtung einer digitalen Kommerzialisierungsorganisation oder bei der Umsetzung einer Roadmap für die digitale Transformation in der Forschung und Entwicklung.

Dr. Alexander Tarlatt ist Mitgründer und Managing Director der Top-Management-Beratung. Im Interview mit dem Avenga Magazine erzählt er, welche Chancen die digitale Transformation Pharmaunternehmen bietet, worauf es bei der Implementierung einer erfolgreichen Datenstrategie ankommt und wie aus guten Ideen schnell sichtbare Erfolge werden.

Avenga Magazine: Herr Tarlatt, im März hat das Wirtschaftsmagazin brand eins Santiago Advisors zum dritten Mal in Folge als eine der besten deutschen Unternehmensberatungen ausgezeichnet – herzlichen Glückwunsch! Aber was genau machen Sie eigentlich?

Alexander Tarlatt: Wir sind eine auf Strategie, Struktur und Organisation spezialisierte Unternehmensberatung mit langjähriger und erfolgreicher Projekthistorie in Konzernen sowie im großen Mittelstand. Gemeinsam mit unseren Kunden entwickeln wir ganzheitliche, innovative und tragfähige Konzepte und unterstützen sie bei der Realisierung von Wachstumspotenzialen. Wir arbeiten branchenübergreifend und sind etablierte Partner der Life-Science-, High-Tech- und Chemie-Industrien.

Avenga Magazine: Was zeichnet die Pharmaindustrie aus? Welche Eigenschaften prägen sie? Was sind die größten Herausforderungen und worauf sind sie zurückzuführen?

Alexander Tarlatt: Viele Pharmaunternehmen suchen permanent nach neuen, innovativen Präparaten, die einen Wettbewerbsvorteil versprechen. Dementsprechend stecken sie sehr viel Geld in Forschung und Entwicklung. Dafür gibt es zwei Gründe. Zum einen ist die Medikamenten-Pipeline von heute der Umsatz von morgen. Zum anderen sind die Entwicklungszyklen für Medikamente meist sehr lang – zehn Jahre und mehr sind die Regel.

Genau hier liegt die zweite große Herausforderung für Pharmaunternehmen: Es reicht eben nicht nur innovativ zu sein, neue Angebote müssen auch schnell am Markt platziert werden. Um dauerhaft erfolgreich zu sein, braucht es also Geschwindigkeit – sonst zieht der Wettbewerb vorbei und die ganze Mühe zahlt sich nicht aus.

Nicht zuletzt ist die Pharmabranche einem hohen Kostendruck ausgesetzt, Produkte müssen zu kompetitiven Preisen angeboten werden. Denn wenn sie nicht bezahlt werden können, bringt es auch nicht viel, dass sie innovativ sind und schnell entwickelt wurden. Diese Trias aus Preis, Time-to-Market und stetigem Fortschritt macht den Pharmabereich zu einem sehr komplexen Umfeld. Man muss den Markt sehr gut kennen und stets auf dem neuesten Stand sein, um die richtigen Lösungen zu finden.

Avenga Magazine: Digitale Zwillinge, Health-Apps, KI-gestützte Bild- und Textverarbeitung – in der Pharmabranche werden viele digitale Konzepte verprobt. Welche sind besonders erfolgversprechend? Warum ist die Digitalisierung so ein Gamechanger?

Alexander Tarlatt: Das derzeit über allem stehende Thema ist Daten. Fragen wie „Wie müssen wir aufgestellt sein, um unternehmensübergreifend auf aus Daten gewonnene Informationen zugreifen und evidenzbasierte Entscheidungen treffen zu können?“ kommen gerade richtig in Fahrt.

Natürlich geht es auch hier darum, die Geschwindigkeit zu erhöhen und neue Medikamente schneller auf den Markt zu bringen. Das zweite Ziel sind effizientere Prozesse. Wie können wir Abkürzungen finden und Aufwände minimieren? Oft ergeben sich durch Daten und Modelle Möglichkeiten, bestimmte Themen zu eruieren, die sonst erst im Verlauf einer klinischen Studie bemerkt worden wären.

Letztlich können Daten in fast allen denkbaren Bereichen helfen, sowohl schneller als auch qualitativ besser zu werden und auf die Anforderungen verschiedener Stakeholdergruppen bestmöglich einzugehen. Das beginnt mit Computational Chemistry, mit der man ganz früh in der Entwicklung Moleküle designt, das geht über komplexe Algorithmen, die anhand vordefinierter Kriterien bei der Auswahl idealer Standorte für bestimmte klinische Studien helfen, und das geht bis hin zur Auslieferung von Medikamenten, bei der in Echtzeit die Transportwege optimiert werden.

Avenga Magazine: Warum werden Daten bei so beeindruckenden Möglichkeiten nicht schon viel länger und intensiver genutzt?

Alexander Tarlatt: Die Pharmabranche ist stark reguliert, zudem gibt es die meisten Pharmaunternehmen nicht erst seit gestern. Dies bringt eine gewisse Komplexität mit sich. Die Unternehmen starten nicht auf einem weißen Blatt Papier, sondern müssen zusehen, wie sie im vorhandenen Konstrukt Innovationen auf den Weg bringen. Kommt ein solcher Tanker jedoch erst einmal in Fahrt, ist das kein Strohfeuer, dann steckt auch richtig Power dahinter.

Avenga Magazine: Damit es mit voller Kraft in die richtige Richtung geht, benötigen Pharmaunternehmen eine ausgereifte Datenstrategie. Was sollten sie bei deren Entwicklung beachten? Wo liegen Herausforderungen, welche Verbesserungen können sie erwarten?

Alexander Tarlatt: Eine erfolgreiche Datenstrategie wird stets aus der Wertperspektive entwickelt. Die Ausgangsfragen lauten immer: Wo können Daten einen Wert für mich darstellen und auf welches Thema möchte ich einzahlen? Wo gibt es den größten Bedarf, wo das meiste Potenzial? Das können von Organisation zu Organisation komplett unterschiedliche Bereiche sein, das Spektrum reicht von A wie Analytics oder Automatisierung bis hin zu Z wie Zusammenarbeit.
Bin ich mir über mein Ziel im Klaren, überlege ich, wie ich dort hinkomme. Dabei komme ich automatisch vom Allgemeinen zum Konkreten. Nehmen wir als Beispiel das Vorhaben „Wir wollen effizienter kommunizieren“. Was heißt das jetzt genau? Bedeutet „effizient kommunizieren“ in jeder Organisationseinheit das Gleiche? Wo und womit fange ich an? Welche Vorteile ergeben sich, wenn ich zunächst Prozess X digitalisiere. Was passiert, wenn ich stattdessen mit Aspekt Y loslege? So entsteht eine Use-Case-getriebene Roadmap.

Avenga Magazine: Wie finden Unternehmen einen passenden Use Case? Gibt es typische „low hanging fruits“ und Quick-Wins?

Alexander Tarlatt: Den typischen Anwendungsfall gibt es nicht, dafür sind die Optionen zu divers. Auch die Voraussetzungen sind oft sehr unterschiedlich. Die einen setzen auf eine Applikation, die Kunden über ein Medikament hinweg einen Mehrwert bieten und sie so binden soll. Die nächsten fokussieren sich darauf, was sie intern optimieren können. Wieder andere gehen ihre digitale Transformation bewusst breit an und versuchen vielleicht beides gleichzeitig. Einen Königsweg gibt es nicht, zumindest bei der Auswahl von Use Cases.

Beim Vorgehen sieht das anders aus, hier hat sich eine iterative Herangehensweise praktisch als Industriestandard etabliert. Das heißt: Projekte werden pilotiert und beginnen mit einem MVP – also einem „minimum viable product“, das sich auf einen geringen Funktionsumfang konzentriert, der dafür allerdings sofort einen Mehrwert bietet. Weitere Features werden erst später implementiert, basierend auf dem frühzeitigen und regelmäßigen Feedback der Nutzer. So lässt sich sicherstellen, dass Lösungen schnell genutzt werden können und sie die Bedürfnisse der späteren Anwender optimal adressieren.

Avenga Magazine: Ein altbekanntes Problem bei digitalen Initiativen ist es, dass sich Machbarkeitsnachweise oder MVPs nur schwierig oder nicht ausreichend skalieren lassen. Woran liegt das?

Alexander Tarlatt: Herausforderungen beim Skalieren sind oft nicht technischer Natur. Vielmehr treten sie auf, wenn die agile auf die klassische Arbeitswelt trifft. So werden MVPs oder auch Proofs of Concept (PoC) oft in kleinen spezialisierten Teams umgesetzt, die in einer Art geschützten Raum reibungslos zusammenarbeiten. Zu Friktionen kommt es, wenn diese Teams die schnell erarbeiteten Lösungen in der etablierten Konzernstruktur umsetzen wollen, da dann viel mehr Anforderungen, die gerade in einem gesundheitsrelevanten Umfeld auch ihre Berechtigung haben, berücksichtigt werden müssen.

Kulturelle Probleme lassen sich häufig darauf zurückführen, dass digitale Innovationen Fähigkeiten erfordern, die sich deutlich von denen unterscheiden, die in Gesundheitsunternehmen heute typischerweise vorhanden sind. Die Arbeitsmethoden in vielen Forschungs- und Entwicklungs- oder Kommerzialisierungsprozessen haben im Allgemeinen wenig iterative oder agile Elemente – und das ist auch gut so. Gerade in der Pharmabranche ist es eben wichtig, dass man compliant ist, Qualitätserfordernisse und Regulierungsvorgaben landesspezifischer Arzneimittelbehörden einhält.

Überträgt man die Gepflogenheiten des Kerngeschäfts allerdings auf digitale Innovationen, steht das den hier üblichen Erfolgsfaktoren konträr entgegen. Wenn man dies nicht berücksichtigt, ist jeder anfängliche Geschwindigkeitsvorsprung dann auch schnell wieder dahin.

Avenga Magazine: Was hilft in einer solchen Situation?

Alexander Tarlatt: Wenn es zu einer solchen Situation kommt, ist es schon fast zu spät. Nicht umsonst werden in Deutschland 80 Prozent aller Digitalisierungsprojekte noch in der Pilotphase abgebrochen oder sind nicht erfolgreich. Entscheidend ist es deswegen, dass sich die Verantwortlichen frühzeitig bewusst machen, dass sie einen Weg finden müssen, ihre digitalen Vorhaben in den Rahmenbedingungen der „klassischen“ Organisation durchzuführen. So kann graduell auch eine Transformation hin zu einer agileren und datengetriebeneren beziehungsweise digitaleren Arbeitsweise erzeugt werden. Dabei hilft es, eine gewisse Offenheit an den Tag zu legen und sich nicht sklavisch an eine Methode zu halten – Flexibilität ist gefragt.

Mindestens genauso wichtig ist eine möglichst frühe Einbindung der Gesamtorganisation sowie weiterer wichtiger Stakeholder. Dies steigert die allgemeine Akzeptanz für Projekte und erleichtert den Zugriff auf kritische Ressourcen. Je nach Ausgangssituation ist zum Beispiel ein Digital Excellence Sprint direkt zu Projektbeginn sehr hilfreich. In diesem bekommen alle Projektbeteiligten und -betroffenen die Möglichkeit, ihre Wünsche, Bedürfnisse und Anforderungen zu artikulieren. So können potenzielle Konflikte beizeiten identifiziert und entsprechende Maßnahmen ergriffen werden.

Avenga Magazine: Gibt es Technologien von Avenga, die Pharmaunternehmen in der digitalen Transformation zugutekommen können?

Alexander Tarlatt: In der Pharmaindustrie haben wir es qua Historie mit komplexen Systemwelten und disparaten Datenquellen zu tun. Hier kann das API-Gateway Couper wertvolle Dienste erweisen, indem es die Schnittstellen für den Import von Daten aus verschiedenen Systemen bereitstellt und so die notwendigen Voraussetzungen dafür schafft, dass sie beispielsweise in einem übersichtlichen Dashboard konsolidiert dargestellt werden.

Genau diese Funktion hat Couper übrigens in einem gemeinsamen Projekt von Santiago und Avenga für eines der größten deutschen Pharmaunternehmen erfüllt. Dort gab es eine Vielzahl an Systemen, die teilweise die gleichen Datenfelder beinhalteten. Die Werte waren allerdings von System zu System oft verschieden, da sie nicht miteinander verbunden waren. Die Konsequenz: Wurde in System A etwas aktualisiert, musste das Gleiche auch in System B getan werden – und zwar manuell. Das hat sehr viel Zeit gekostet, zudem war der Vorgang fehleranfällig.

Widersprachen sich die Angaben, musste jedes Mal aufwändig geprüft werden: Welche Zahlen sind aktuell? In welcher Anwendung steckt die Wahrheit? Zudem waren die Systeme eher für Experten gebaut, jeder Nutzer wurde mit der Komplexität eines Expertensystems konfrontiert – egal, ob er sämtliche Funktionalitäten benötigte oder nicht. Das war kompliziert, sperrig und wurde nicht als nutzerfreundlich wahrgenommen.

Mit Couper haben wir in einem Digital Excellence Sprint innerhalb kürzester Zeit einen Klickdummy entwickelt. So hatten sämtliche Stakeholder eine Vorstellung davon, wie das fertige Produkt aussehen sollte. Alle Beteiligten konnten die neue Lösung virtuell anfassen, ausprobieren und ihre Vorstellungen direkt einbringen. Der Kunde und wir hatten folglich keine theoretischen Diskussionen mehr, sondern eine greifbare Lösung, die als Grundlage für jegliche Gespräche gedient hat. Das hat vieles sehr viel leichter gemacht.

Avenga Magazine: Wie sieht die Pharmabranche in fünf Jahren aus? Was müssen Unternehmen tun, um in ihr erfolgreich zu sein und warum können Santiago Advisors und Avenga ihnen dabei helfen?

Alexander Tarlatt: Wie die Pharmaindustrie in fünf Jahren aussieht, kann niemand zuverlässig prognostizieren. Dafür ist das Umfeld zu dynamisch. Fest steht: Die Branche wird auf jeden Fall digitaler werden. Und datengetriebener. Letztlich heißt digitalisieren oft eben auch einfach Daten zu bekommen und zu nutzen. Die Rechnung ist einfach: Wo du Daten hast, kannst du messen. Wo du messen kannst, kannst du optimieren. Und wo du ausreichend optimiert bist, hast du einen Wettbewerbsvorteil – bei der Zeit, bei den Kosten und somit beim Preis, den du anbieten kannst.
Um wettbewerbsfähig zu bleiben, benötigen Pharmaunternehmen in den kommenden Jahren immer schneller nutzbringende Lösungen, die auf ihre individuellen Herausforderungen zugeschnitten sind. Dabei können sie von den komplementären Kompetenzen unserer Unternehmen profitieren.

Bei Santiago Advisors sehen wir unsere Aufgabe primär darin, Konzepte zu entwickeln und grundsätzliche Fragen zu beantworten: Wie kann eine Organisation ihren Transformationsprozess erfolgreich gestalten? Welche Fähigkeiten und Ressourcen braucht sie dazu? Was muss eine Lösung leisten, die in einem bestimmten Bereich einen Wettbewerbsvorteil liefern soll und wie sollte sie inhaltlich ausgestaltet sein? Avenga hingegen verfügt über beeindruckende technische Umsetzungskraft. Gemeinsam können wir also nicht nur strategische Beratung, sondern direkt praktische Lösungen anbieten – aus einer Hand, als eingespieltes Team und ohne Reibungsverluste. So werden aus guten Ideen zeitnah sichtbare Erfolge!

Avenga Magazine: Herr Tarlatt, wir bedanken uns für das Gespräch!
Digitalisierung im Gesundheitswesen Whitepaper Avenga

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