Financial Services: Wer das Frontend dominiert, bleibt Marktführer

Financial Services:
Wer das Frontend
dominiert, bleibt
Marktführer

In der Financial Services-Branche und dort vor allem im Bankensektor ist seit einigen Jahren eine ähnliche Entwicklung zu beobachten, wie sie im Zuge der Digitalisierung zuvor auch andere Märkte erfasste: Neue Wettbewerber schieben sich zwischen die etablierten Finanzhäuser und ihre Kunden. Grundlage dafür sind Programmierschnittstellen (APIs, Stichwort: Open Banking), die die Konten und Depots der Banken anderen Anbietern öffnen. Die können somit Apps entwickeln, mit denen ein Nutzer verschiedene Finanzprodukte bei unterschiedlichen Instituten zentral verwaltet.

Das alte Online-Banking scheint ausgedient zu haben. Warum ist das problematisch für die alteingesessenen Institute?

Baukastenprinzip als “next big thing” in Financial Services?

Ich bastel mir eine Bank“ heißt ein bemerkenswerter Artikel, der bereits 2017 in der Wirtschaftszeitschrift „Capital“ zu diesem Thema erschien. Früher war das Konto die Geschäftsgrundlage der Financial Services-Branche:

„Der Bank, die das Girokonto hatte, gehörte auch der Kunde“.

Doch genau das gilt heute nur noch eingeschränkt. Das Girokonto bei der Sparkasse, das Depot bei einer Direktbank, die Kreditkarte von einem Fintech – dieses bunte Potpourri wird immer mehr zum Standard, weil es den Kunden Vorteile bietet, etwa die besseren Zinsen hier, die niedrigeren Gebühren dort. Und es bietet, dank der APIs, den neuen Anbietern von Banking-Apps ein Einfallstor, denn wer seine Finanzen derart fragmentiert verwalten will, der musste bislang auf etliche verschiedene Apps und Online-Portale zugreifen. Hier eine zentrale Anlaufstelle zu etablieren, die alle Daten zusammenführt, könnte durchaus das “next big thing” im Finanzsektor werden.

In der „Capital“ schätzte der Experte Hans Kraus (Capco Unternehmensberatung) die Folgen der offenen APIs für die Branche so ein: Das werde „zu einer historischen Veränderung der Marktpositionen etlicher Geldinstitute führen. […] Das Banking wird von den Banken abgekoppelt.“ (Und mittlerweile sehen wir, dass genau diese Entwicklung in Teilen bereits Realität geworden ist.)

Wer nur Infrastruktur anbietet verliert die Kunden

Dies bedeute, dass die Banken letztlich nur noch die Infrastruktur bereitstellen, ähnlich wie die Telekommunikationskonzerne für die Internetwirtschaft, sagt der Privatkundenvorstand der österreichischen Sparkasse Erste Group, Peter Bosek, im selben Artikel, und:“Mein Problem allerdings ist, dass ich als reiner Serviceprovider den direkten Kontakt zum Kunden verliere.”

Die Erste Group und andere Institute reagierten deshalb frühzeitig. Sie scheinen aus den verpassten Chancen anderer Branchen gelernt zu haben, wollen selber Aggregator sein, ihre eigenen und die Angebote der Konkurrenz zusammenführen, und das Feld nicht komplett den Fintechs überlassen. Die Erste Group setzte dabei bereits vor Jahren auf „George„, eine Finanz-App, die – irgendwann – zu einer „paneuropäischen Bankenplattform werden“ soll, „eine Art iTunes für Banking“, ließ sich Erste-Vorstand Bosek in der „Capital“ zitieren. Und die Deutsche Bank erweitert ihre App mit einer „Multibanking“ genannten Funktion, die dasselbe Ziel verfolgt. Andere Traditionshäuser sind seitdem gefolgt, es sieht nach einem harten Wettbewerb aus, politisch gewollt und ausgelöst durch die europäische Richtlinie PSD2 und Open Banking.

Vielleicht liegt es daran, dass die Branche lange nicht mehr so viel Konkurrenzdruck gespürt hat wie heute, dass viele Finanzinstitute besorgt in die Zukunft blicken. Dabei müsse man gar nicht so „schwarzsehen“, meint Bankingexperte Karsten Junge von der Beraterfirma Consileon: „Natürlich kann ein hoch spezialisiertes Fintech jede einzelne Leistung ein wenig besser anbieten, als das eine Sparkasse kann. Wenn der Kunde aber das Gefühl hat, seine Hausbank bietet ihm die komplette Produktpalette in vergleichbarer Qualität und zu fairen Preisen – dann geht er weiter dorthin. Das ist eben auch wie mit Rewe und Edeka.“

Dirk Franzmeyer, Ex-Vorstand der Biw Bank, fasst zusammen, was im kundenzentrischen Digitalzeitalter dafür nötig ist:

„Es geht darum, das Frontend zu besetzen, und damit erste Anlaufstelle für den Kunden zu bleiben“.

Dieser Ansatz ist richtig. Es ist das Frontend, das den Kontakt zum Kunden herstellt und hält. Hier entscheidet sich, wer Kunde wird, bleibt, oder eben nicht. Wer das Frontend besitzt kann die Rahmenbedingungen aller Marktplatzteilnehmer leichter vorgeben, die eigenen Produkte besser vermarkten, an Provisionen verdienen, die zentrale Marke für die gesamte Branche werden. Apple machte es mit iTunes vor, nur sechs Jahre nach dem Start war der iPhone-Hersteller damit bereits größter Musikhändler der USA. Der iTunes-Vergleich des Erste-Vorstands Bosek ist also durchaus fundiert und zugleich Positiv- als auch Negativ-Beispiel – je nach Perspektive.

Mehr Geschwindigkeit bei der digitalen Transformation von Financial Services

Viele Banken und andere Financial Services Player haben diese Situation erkannt, und der Wettbewerb um die Besetzung des Frontends ist ein echtes Rennen geworden. Die zentrale Frage ist nun: Wie kann eine große Organisation wie eine Bank schnell neue, innovative und kundenfreundliche Services ausrollen, um das Ziel zu erreichen? Und vor allem: Schneller als die neuen Anbieter?

Zwar haben Fintechs den Vorteil, Ressourcen agil einsetzen und extrem schnell auf neue Entwicklungen reagieren zu können, doch setzen etablierte Anbieter dem zahlreiche Assets entgegen, über die junge und branchenfremde Unternehmen nicht verfügen: Infrastruktur, Markenwert, Produktwissen und Kundenstamm. Startups etwa beginnen hier bei Null und vielen gelingt es auch deshalb nicht, langfristig ein tragfähiges Geschäftsmodell zu entwickeln.

Die Chancen stehen also eigentlich gut für die etablierten Großbanken, ihre Marktpositionen zu behaupten. Scheitern könnte es noch an der Umsetzungsgeschwindigkeit; eine Art “Abkürzung” zum Ziel ist deshalb mindestens eine Überlegung wert. Avenga setzt dafür auf ein bewährtes Vorgehensmodell, mit dem komplexe Organisationen kürzere Innovationszyklen erreichen können.

Dieses Modell umfasst drei Kernbereiche: Ein Mindset, das den Kundenfokus in den Mittelpunkt stellt. Eine Technologie, die hohe Flexibilität am Frontend gewährleistet. Und ein Projektvorgehen, das auf Agilität und Transparenz setzt.

Richtig angewandt führt dieses Vorgehen dazu, dass das technische und organisatorische Rückgrat eines Finanzinstitutes vollständig erhalten bleibt, während zugleich vollkommene Freiheit für neue Entwicklungen an der digitalen Kundenschnittstelle gewonnen werden.

„Unternehmen bekommen so das Beste beider Welten: Sie können ihre stabilen Backend-Systeme unangetastet lassen, gleichzeitig werden sie am Frontend so agil wie Startups. Langfristig hilft diese technische Flexibilität, auch die Unternehmenskultur agiler werden zu lassen“, beschreibt Avenga CEO Jan Webering das Vorgehensmodell.

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