Digitale Krankenkassen: Die neuen Gatekeeper im digitalisierten Gesundheitswesen

Digitale
Krankenkassen:
Die neuen
Gatekeeper im
digitalisierten
Gesundheitswesen

Die digitale Krankenkasse ist ein wichtiger Baustein der modernen Medizin. Doch die digitale Transformation ist umfassend und verändert die Branche auch in vielen anderen Bereichen. Erfahren Sie in unserer Themensammlung, wie auch Ihr Unternehmen von der Digitalisierung im Gesundheitswesen profitiert.

Krankenkassen und ihre Mitglieder haben ein gemeinsames Ziel: die Gesunderhaltung. Klar, denn gesunde „Patienten“ zahlen Beiträge, ohne dass Ausgaben anfallen. Das Vergütungssystem im Gesundheitswesen steht zu diesem Ziel in krassem Widerspruch. Denn Prämien für möglichst gesunde Patienten erhalten die Kassen nicht – vielmehr werden Ärzte, Apotheker und Pharmaunternehmen für die Therapie von Krankheiten vergütet.

Dieser systemische Gegensatz ist relevant, das wird besonders deutlich bei einem Blick auf die Kosten chronischer Erkrankungen:

  • Zehn Prozent der Ausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung in Deutschland fließen in die Therapie von Menschen mit Typ-2-Diabetes.
  • Beinahe jeder dritte Erwachsene in Deutschland leidet regelmäßig an Rückenschmerzen, die Behandlungskosten verursachen.

Prävention ist deshalb ein wichtiges Thema für die Kassen, denn präventive Maßnahmen sind kostengünstiger als langfristige Therapien. Das hat auch der Gesetzgeber erkannt und im Sozialgesetzbuch V eine entsprechende Verpflichtung verankert.

Prävention im digitalen Zeitalter

Vom betrieblichen Gesundheitsmanagement bis zu ganz individuellen Maßnahmen, etwa Sport, können sehr viele Maßnahmen in den Bereich der Prävention fallen. Vor allem für die individualisierten Leistungen ist die Digitalisierung ein Segen für die Kassen, denn mit digitalen Prozessen und Methoden lassen sich massiv Kosten einsparen.

Die Zauberformel dafür heißt „Patienten-Empowerment“: Für die Krankenkassen bedeutet das, die Eigenverantwortlichkeit und das Engagement ihrer Mitglieder zu stärken und Aufklärung zu betreiben. So sollen die eigenen Maßnahmen zur Gesunderhaltung und – bei Erkrankten – die Therapietreue erhöht werden. Die digitale Welt bietet die richtigen Werkzeuge für diese Strategie, etwa Apps und Online-Angebote, die sich gezielt an bestimmte Patientengruppen richtet. Die Möglichkeiten sind vielfältig und es kommen immer mehr hinzu. Eine gute Übersicht bietet der „TrendGuide Gesundheits-IT 2021“ (PDF).

Es ist für Patienten eine echte Herausforderung, in der großen Masse der Angebote diejenigen zu identifizieren, die qualitativ hochwertig sind und ihnen einen echten Vorteil bringen. Hier kommen die Krankenkassen als Gatekeeper ins Spiel: Sie können ihren Mitgliedern individuell die passenden Programme empfehlen und deren nachweisliche Nutzung zur Prävention mit Prämien fördern. Eine Kasse, die so vorgeht, schärft ihr Profil und erhöht im Optimalfall den Anteil Gesunder unter ihren Mitgliedern. Gleichzeitig könnten Krankenkassen sich so zu den wichtigsten Acceleratoren im Gesundheitswesen entwickeln – wenn endlich geklärt ist, inwieweit solche Programme erstattungsfähig sind und wie die Überführung in die Regelversorgung funktionieren kann.

Mehr Partnerschaftlichkeit im Pharmaumfeld

Auch aus Sicht der Pharmaunternehmen haben Patientenprogramme viele Vorteile: Das „Empowerment“ kann etwa bei Chronikern zu besseren Einhaltung der gesetzten Therapieziele führen und dadurch auch eine direkte finanzielle Wirkung entfalten. Zusätzlich wäre ein „Rückkanal“ von den Patienten zu den forschenden Unternehmen sinnvoll. Die gewonnenen Daten über Patienten, ihre Bedürfnisse und „Pain Points“ können in die Erforschung neuer Therapieoptionen einfließen und so einen wichtigen Beitrag zur Steigerung der Lebensqualität von Patienten leisten.

Allerdings: Der Pharmaindustrie fehlt der direkte Zugang zum Patienten bislang. Die Gatekeeper sind hier ganz klar Krankenkassen und Ärzte. (Und z.T. die Apotheken.) Das gilt auch in der digitalen Welt und hier vor allem für die Kassen. Deshalb wird es künftig wichtiger werden, dass Pharmaunternehmen sich ganzheitlich in „ihren“ Therapiefeldern engagieren und sich vom reinen Produzenten und Lieferanten zum echten Gesundheitspartner der Kassen, Ärzte und Patienten transformieren. Ansonsten verlieren sie den Anschluss.

Digitale Krankenkasse: Kundenfokus ist zentraler Erfolgsfaktor

Gelingt der partnerschaftliche Schulterschluss im Gesundheitswesen, können alle Parteien gemeinsam profitieren. Der wichtigste Faktor dabei ist der Patient. Denn nur wenn die Patienten die für sie entwickelten Programme auch aktiv nutzen, gelingt die Transformation. Im Vordergrund müssen deshalb bei den Krankenkassen und anderen Digitalisierungs-Partnern der direkte Nutzen für die Patienten und ein hoher Qualitätsanspruch stehen. Das gilt für die eigentliche Inhalte ebenso wie für deren Präsentation: Eine positive „User Experience“ unterstützt die Akzeptanz erheblich. Welcher Patient möchte sich schon gerne regelmäßig über schlecht bedienbarer Software ärgern?

Dr. Jens Baas, Vorstandsvorsitzender der Techniker Krankenkasse drückt das so aus: „Digitalisierung muss erlebbar sein, einen spürbaren Nutzen für Versicherte und Patienten haben. Die Pandemie zeigt das einmal mehr: Wo es die Digitalisierung beispielsweise erleichtert, persönliche Kontakte zu vermeiden, schnellen die Nutzerzahlen in die Höhe. Das größte Potenzial, den digitalen Mehrwert greifbar zu machen, haben derzeit das elektronische Rezept, webbasierte Interaktionen zwischen Arzt und Patient sowie natürlich die elektronische Patientenakte (ePA).“

Wenn dann mit einem guten digitalen Service für die Patienten auch noch evidenzbasierte Daten für Therapie-Entwicklung und Forschung erhoben werden, könnte das die Re-Finanzierung als Regelleistung ermöglichen. Der Sprung vom reinen Krankenversicherer oder Pharmaproduzenten hin zum ganzheitlichen Gesundheits-Dienstleister wäre geschafft.

Der Weg dorthin wird bereits beschritten. Zwar nannten in einer 2020 unter Experten weltweit durchgeführten Umfrage zur Gefährdung von Geschäftsmodellen durch digitale Gesundheitsplattformen 50% der Befragten die Krankenkassen. Doch die scheinen bereits gegenzusteuern. So meldete das „Handelsblatt“ im Januar 2021, dass die privaten Krankenversicherer 100 Millionen Euro in Gesundheitstechnologien investieren werden. Und für die gesetzlichen Kassen ergäbe sich aus dem Digitalen Versorgungsgesetz (DVG) die Möglichkeit für Investitionen von rund 400 Millionen Euro in Healthcare-Startups, errechnete das Startup-Magazin „Gründerszene“ im September 2020.

Geld scheint also kein Hindernisgrund mehr zu sein. Die digitale Krankenkasse wird in Zukunft zur Norm werden.Digitalisierung im Gesundheitswesen Whitepaper Avenga

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